Bildquelle: Schneider Kinderbuch Haper Collins
Herr Maulwurf gräbt daneben
von Stephanie Polak
illustriert von Igor Lange
32 Seiten
1. Aufl. 21.09. 2021
ISBN: 9783505144462
Schneider Kinderbuch Haper Collins
13,00€
Auf euch wartet eine liebevolle, ereignisreiche Geschichte
über einen einsamen Maulwurf, der gar nicht weiß, das er einsam ist.
Über Miteinander, Freunde, gebraucht werden und ganz viel Lebensfreude
für Kinder ab 3 Jahren
Sieht er nicht nett und freundlich aus, dieser Herr Maulwurf, der uns so freundlich und glücklich auf dem Cover entgegen blickt?
Auf den ersten Blick denken wir an eine nette, fröhliche "Wiesenfreundschaft". Da ist der lächelnde Maulwurf, das neugierig guckende Mäuschen, die Hummel und die kleine Regenwurmdame mit ihrem netten Blumenkranz auf dem Kopf. Dazu die Sonnenblumen, die so strahlend gelb wie die Sonne selbst sind und das frische Grün des Grases.
Ein schönes Bild, das nicht im geringsten vermuten lässt, was wir in der Geschichte erfahren, denn so fröhlich und gesellig, wie auf dem Cover war Herr Maulwurf nicht immer und genau davon handelt diese zauberhafte Geschichte von Stephanie Polàk mit wundervollen Bildern von Igor Lange.
Herr Maulwurf war am liebsten allein. Er wollte möglichst wenig Kontakt mit seiner Umgebung, er mochte nicht mit anderen reden. Er war sich selbst genug, so könnte man sagen und es schien ihm wirklich nicht schlecht zu gehen in seinem Leben, was er sich eingerichtet hatte.
Bis zu jenem Tag, der so gar nicht gut begann. Er fühlte sich elend. Ein Schnupfen hatte ihn erwischt und sein Kopf brummte. Doch anstatt im Bett zu bleiben stand er auf um wie jeden Tag seiner Arbeit nach zu gehen. Ein Gang musste gebuddelt werden und das ging vor. Herr Maulwurf war nicht nur sehr pflichtbewusst sondern er liebte die Routine, das merkte man sofort. Also machte er sich an die Arbeit, kletterte in das Loch, zu seiner Baustelle und fing an zu buddeln. Kurz darauf jedoch macht es "KLONG!" er hatte sich den Kopf an einem Rohr gestoßen. Soetwas war ihm noch nie passiert. Zum Glück hatte er einen Helm auf, so dass es nicht ganz so schlimm war, doch dabei bemerkte er, dass er seine Brille auf dem Nachttisch vergessen hatte.
Ja, wir würden sagen, "Herr Maulwurf ist mit dem falschen Bein aufgestanden", oder "es gibt Tage, da bleibt man lieber im Bett" und genau so ein Tag scheint es zu werden, denn nicht nur, dass er sich elend fühlte, Kopfschmerzen und Schnupfen hatte, seine Brille vergaß und den Kopf stieß er landet bei seinen Grabungen auch ständig an Orten, an denen er gar nicht hin wollte, weil er ja keine Brille aufhatte.
Das wiederum führt zu allerlei für den Leser komischen Situationen, doch Herrm Maulwurf ist es einfach immer sehr, sehr unangenehm. Wohingegen die, auf die er so trifft sich eigentlich über seinen so unfreiwilligen Besuch sehr freuen. Da landet er z.B. unverhofft in der Mäuseschule, im Bau von Herrm Dachs, der gerade beim Frühsport ist und ihn gleich einlädt mitzumachen, dann steht er im Kaninchenbau, wo die Familie gerade frühstückt und ihn sofort Apfelkuchen anbietet und platzt mitten in eine Regenwurmparty, die sichtlich erschrocken über seinen Besuch sind, fressen Maulwürfe doch eigentlich Regenwürmer für ihr Leben gern. Nicht so unser Herr Maulwurf, dem ist das ganze nur furchtbar peinlich. Zum Glück können die ihm aber den Weg zurück zu seiner Wohnung erklären und so kommt er völlig erledigt wieder zuhause an.
Als er so in seinem Sessel sitzt muss er aber etwas erstaunliches feststellen. Es ist still. Kein Kichern der Mäusekinder, kein Schmatzen, kein Schnarchen, kein Tanzen und was er sonst noch so erlebt hat und was ihn an diesem Tag so gestört hatte. Es ist einfach still.
Doch anstatt sich darüber zu freuen, weil er die Stille ja liebt, stellt er fest, dass es sich seltsam anfühlt, so ohne das Kichern, das Schnarchen, das..... .
Er war allein, er war einsam. Bislang war er sich selbst genug gewesen, aber die Begegnungen, die Freundlichkeit, die ihm entgegengebracht wurde, die ihm aber im Grunde immer unangenehm waren und er immer zugesehen hatte möglichst schnell wieder zu verschwinden, hatten wohl etwas mit ihm gemacht.
Und dann klopft es auch noch an seiner Tür und Frau Maus steht da mit einem großen Topf Suppe damit er schnell wieder gesund wird. Aber das ist noch nicht alles, sie lädt ihn ein, in die Schule zu kommen um den Kindern zu zeigen, wie man ordentliche Gänge gräbt.
Herr Maulwurf kann es gar nicht glauben. Nicht nur das Frau Maus um sein Wohlergehen besorgt ist, sie erklärt ihm auch noch, dass er gebraucht wird.
Plötzlich ist die Erkältung gar nicht mehr so schlimm. Er hat, obwohl dieser Tag nicht so verlaufen ist, wie er sich das vorgestellt hatte, etwas erlebt, das sein Leben veränderte. Er hatte etwas erlebt, dass ihm gut tat. Er hatte nicht gewusst, dass er einsam war. Er hatte nicht gewusst das es schön sein kann gesellig zu sein, mit anderen Kontakt zu haben, wenn andere für einen da sind, wenn man Freunde hat.
Nun lag er im Bett, fühlte sich gar nicht mehr so krank und fing an sich auf die nächsten Tage zu freuen. Er überlegte was er alles machen könnte, wen er besuchen könnte.
Damit endet die Geschichte, die geradezu dazu einlädt sie weiter zu erzählen.
Diese auf den ersten Blick wirklich amüsante und sehr gefühlvolle Geschichte hat ganz viel Tiefe, die etwas ältere Kinder ab 4-5 Jahren durchaus ganz bewusst wahrnehmen und sich damit auseinandersetzten.
Es ist nämlich nicht nur die Geschichte eines Maulwurfs, der sich ständig vergräbt, weil er seine Brille vergessen hat und so (recht unfreiwillig) in andere unterirdischen Wohnungen gelangt, was ihm peinlich ist, uns als Leser aber schmunzeln lässt, sondern auch eine Geschichte, von einem Maulwurf, den wir schnell als Miesepeter oder als griesgrämig beschreiben würden und im Laufe der Handlung erleben, dass er einfach nur einsam ist und das noch nicht einmal bemerkt hat.
Ich frage mich, ob es das, was uns Stephanie Polàk in ihrer zauberhaften Geschichte erzählt auch im Menschenleben gibt? Die Antwort ist einfach, einfach weil ich es selber kenne. Ja! Das was wir in dieser wirklich wundervollen Geschichte erleben gibt es. Ich sollte vielleicht ehr sagen, es gibt Menschen wie Herrn Maulwurf, die einsam sind ohne es zu wissen. Erst wenn man sich bewusst wird, was das Leben noch zu bieten hat fängt man an es zu vermissen. Aus der Einsamkeit herauszukommen ist aber auch dann nicht so leicht. Es bedarf oft Hilfe von außen um ins Leben zu finden bzw. zurückzufinden.
In dieser Geschichte sind es die anderen Tiere, die ihn einladen und es ist die Lehrerin Frau Maus, die dem Maulwurf nicht nur eine Suppe bringt, damit er wieder auf die Beine kommt, sondern die ihm einen Sinn im Leben gibt. Immer nur allein unterirdische Gänge buddeln ist auf die Dauer bestimmt nicht erfüllend. Den Mäusekindern die Kunst des Gänge Bauens zu vermitteln, gebraucht zu werden ist jedoch ein schönes Gefühl und das spürt Herr Maulwurf.
Und da die Geschichte mit einem sehr zufrieden schauenden, im Bett liegenden Herrn Maulwurf endet, der überlegt was er demnächst alles machen kann wird die Leserfantasie sofort angeregt sie weiter zu erzählen.
Was könnte der Maulwurf alles machen. Er könnte den Mäusekindern das Buddeln beibringen, er könnte noch einmal Familie Kaninchen besuchen, er könnte auch......
Spinnt die Geschichte doch selbst einmal weiter und erzählt von dem "neuen" Herrn Maulwurf, der Geräusche wie Schmatzen und Kichern nicht als störend empfindet und Gesellschaft durchaus zu schätzen weiß. Wem könnte er helfen und wie? Was könnten die Tiere gemeinsam erleben?....
Ihr seht, Stefanie Polàks Geschichte regt an sie weiter zu spinnen oder über Einsamkeit, Freundschaft, Gemeinschaft, Gefühle etc. zu sprechen.
Igor Langes Bilderwelt mit seinen so liebevoll und detailreichen, ausdrucksvollen Schauplätzen lassen auch viel Raum für eigene Interpretation, Kommentare und Randgeschichten. Und wenn ihr ganz genau hinschaut werdet ihr jemanden entdecken, der so etwas wie ein heimlicher Begleiter, stiller Beobachter auf jedem Bild ist. Sicher hat das kleine Wesen viel zu erzählen. Ist es vielleicht euer neuer Geschichtenerzähler?
Schaut selbst, entdeckt die Vielfalt der Geschichte, die Vielfalt der Bilder.
Taucht ein in ein Bilderbuch, dass nicht nur viel entdecken und erleben lässt sondern auch ganz viel Spaß macht.